BVerwG - Urteil vom 13.10.2022
2 C 7.21
Normen:
RL 2003/88/EG Art. 1; BBG § 87; BBG § 88; BGB § 242; VwGO § 144 Abs. 4; AZV (2014) § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2;
Fundstellen:
BVerwGE 176, 382
DVBl 2023, 529
D_V 2023, 398
NVwZ 2023, 1167
NZA 2023, 358
NZA-RR 2023, 192
ZBR 2023, 197
Vorinstanzen:
VG Berlin, vom 20.08.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 36 K 170.16
OVG Berlin-Brandenburg, vom 27.05.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 10 B 17.18

Pausenzeiten unter Bereithaltungspflicht als Arbeitszeit; Vereinbarkeit der Anrechnung von Ruhepausen auf die Arbeitszeit mit dem unionsrechtlichen Begriffsverständnis von Arbeitszeit; Beanspruchung eines finanziellen Ausgleichs für Pausenzeiten in Bereithaltung im Rahmen einer Tätigkeit als Personenschützer

BVerwG, Urteil vom 13.10.2022 - Aktenzeichen 2 C 7.21

DRsp Nr. 2023/2069

Pausenzeiten unter Bereithaltungspflicht als Arbeitszeit; Vereinbarkeit der Anrechnung von Ruhepausen auf die Arbeitszeit mit dem unionsrechtlichen Begriffsverständnis von Arbeitszeit; Beanspruchung eines finanziellen Ausgleichs für Pausenzeiten in "Bereithaltung" im Rahmen einer Tätigkeit als Personenschützer

1. Pausenzeiten unter Bereithaltungspflicht stellen nicht automatisch Arbeitszeit i. S. d. Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG dar. Es bedarf vielmehr bei Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls der Prüfung, ob die dem Arbeitnehmer auferlegten Einschränkungen von solcher Art sind, dass sie objektiv gesehen ganz erheblich seine Möglichkeit beschränken, die Zeit frei zu gestalten und sie seinen eigenen Interessen zu widmen (wie EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-107/19 -).2. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AZV 2014 über die Anrechnung von Ruhepausen auf die Arbeitszeit ist mit dem unionsrechtlichen Begriffsverständnis von Arbeitszeit i. S. d. Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG nicht zu vereinbaren, weil die Anrechnung unter dem Vorbehalt ihrer Zulassung durch die zuständige Behörde gestellt und von dem Vorliegen besonderer Einsatzlagen abhängig gemacht wird.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Mai 2021 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Normenkette:

RL 2003/88/EG Art. 1;