LAG Niedersachsen - Urteil vom 23.11.2022
2 Sa 93/22
Normen:
RL 2003/88/EG Art. 7; GRCh Art. 31 Abs. 2; IfSG § 30 Abs. 1; BUrlG § 7 Abs. 1; BUrlG § 9; BGB § 243 Abs. 2; BGB § 275 Abs. 1; BGB § 362 Abs. 1;

Risikoverteilung bei der UrlaubnahmeGrundsätze zur analogen GesetzesanwendungKeine analoge Anwendung des § 9 BurlG bei Covid-19-Absonderung nach § 30 Abs. 1 IfSG

LAG Niedersachsen, Urteil vom 23.11.2022 - Aktenzeichen 2 Sa 93/22

DRsp Nr. 2023/3409

Risikoverteilung bei der Urlaubnahme Grundsätze zur analogen Gesetzesanwendung Keine analoge Anwendung des § 9 BurlG bei Covid-19-Absonderung nach § 30 Abs. 1 IfSG

1. Mit der Festlegung des Urlaubszeitraums (und der vorbehaltlosen Zusage des Urlaubsentgelts) hat der Arbeitgeber als Schuldner das nach § 7 Abs. 1 BUrlG Erforderliche getan (§ 243 Abs. 2 BGB). Alle danach eintretenden urlaubsstörenden Ereignisse fallen entsprechend § 275 Abs. 1 BGB als Teil des persönlichen Lebensschicksals grundsätzlich - abgesehen von gesetzlichen oder tariflichen Ausnahmen - in den Risikobereich des einzelnen Arbeitnehmers. 2. Die analoge Anwendung einer Norm setzt voraus, dass eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke vorliegt und diese Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann. Anderenfalls könnte jedes Schweigen des Gesetzgebers als planwidrige Lücke aufgefasst und diese im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden. Richterliche Rechtsfortbildung darf nicht dazu führen, dass ein Gericht seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzt.