BAG - Urteil vom 09.09.2010
2 AZR 714/08
Normen:
BGB § 242; BGB § 622 Abs. 2; KSchG § 4 S. 1; Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16);
Fundstellen:
BAGE 135, 278
BB 2012, 127
DB 2011, 655
NZA 2011, 343
ZIP 2011, 444
Vorinstanzen:
LAG Rheinland-Pfalz, vom 31.07.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 10 Sa 295/08
ArbG Kaiserslautern, vom 09.04.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Ca 801/07

Unanwendbarkeit des § 622 Abs. 2 BGB infolge Anwendungsvorrangs des Unionsrechts bei Kündigungen nach dem 02.12.2006

BAG, Urteil vom 09.09.2010 - Aktenzeichen 2 AZR 714/08

DRsp Nr. 2011/2856

Unanwendbarkeit des § 622 Abs. 2 BGB infolge Anwendungsvorrangs des Unionsrechts bei Kündigungen nach dem 02.12.2006

»§ 622 Abs. 2 Satz 2 BGB ist mit Unionsrecht unvereinbar und für Kündigungen, die nach dem 2. Dezember 2006 erklärt wurden, wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht mehr anzuwenden.« Orientierungssätze: 1. Der Arbeitnehmer kann die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist in den Grenzen der Verwirkung (§ 242 BGB) auch außerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG geltend machen, sofern sich - ggf. im Wege der Auslegung - aus dem Kündigungsschreiben ergibt, dass der Arbeitgeber die objektiv einzuhaltende Kündigungsfrist wahren wollte. Der Arbeitnehmer greift insoweit die Wirksamkeit der Kündigung nicht an. Sein Klageziel ist nicht iSv. § 4 Satz 1 KSchG auf die Feststellung gerichtet, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst ist. 2. § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB ist mit Unionsrecht unvereinbar. Wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ist die Vorschrift für nach dem 2. Dezember 2006 erklärte Kündigungen nicht anzuwenden. In die Berechnung der Beschäftigungsdauer iSv. § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB sind damit auch Zeiten einzubeziehen, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen.