LAG Hamm - Urteil vom 14.08.2017
17 Sa 1540/16
Normen:
BGB § 241 Abs. 2; BGB § 626 Abs. 1; TVöD -S § 34 Abs. 2;
Fundstellen:
MDR 2017, 14
Vorinstanzen:
ArbG Herne, vom 04.10.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Ca 1053/16

Unwirksame außerordentliche Verdachtskündigung einer Sparkassenangestellten wegen des Austauschs einer Bargeldlieferung mit einem Paket aus Waschpulver und Babybrei bei unzureichender Anhörung der Arbeitnehmerin zum konkreten Tatverdacht

LAG Hamm, Urteil vom 14.08.2017 - Aktenzeichen 17 Sa 1540/16

DRsp Nr. 2017/17825

Unwirksame außerordentliche Verdachtskündigung einer Sparkassenangestellten wegen des Austauschs einer Bargeldlieferung mit einem Paket aus Waschpulver und Babybrei bei unzureichender Anhörung der Arbeitnehmerin zum konkreten Tatverdacht

1. Die Anhörung der verdächtigen Arbeitnehmerin ist Wirksamkeitsvoraussetzung für eine außerordentliche Verdachtskündigung. 2. Die Arbeitgeberin hat erst dann alles ihr Zumutbare zur Sachverhaltsaufklärung getan, wenn sie der Arbeitnehmerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Die Notwendigkeit der Anhörung vor Erklärung der Verdachtskündigung ist Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsprinzips und soll die Arbeitgeberin vor voreiligen Entscheidungen bewahren und der Gefahr begegnen, dass eine Unschuldige von der Kündigung getroffen wird. 3. Der Umfang der Nachforschungspflicht und damit auch die Ausgestaltung der Anhörung richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Anhörung muss sich aber immer auf einen greifbaren Sachverhalt beziehen, damit die Arbeitnehmerin die Möglichkeit hat, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen gegebenenfalls zu bestreiten, den Verdacht entkräftende Tatsachen aufzuzeigen und so zur Aufhellung der für die Arbeitgeberin im Dunkeln liegenden Geschehnisse beizutragen.