BVerfG - Beschluß vom 11.06.1993
1 BvR 1240/92
Normen:
GG Art. 103 Abs. 1 ; ZPO § 233 ;
Fundstellen:
AP Nr. 27 zu § 233 ZPO 1977
BRAK-Mitt 1994, 53
HFR 1994, 422
NJW 1994, 244
VersR 1994, 578
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, vom 15.07.1992 - Vorinstanzaktenzeichen 6 S 147/92

Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei Widereinsetzung in den vorigen Stand - Postlaufzeiten

BVerfG, Beschluß vom 11.06.1993 - Aktenzeichen 1 BvR 1240/92

DRsp Nr. 2005/15199

Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei Widereinsetzung in den vorigen Stand - Postlaufzeiten

1. Der Bürger kann darauf vertrauen, daß die von der Deutschen Post nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten auch eingehalten werden. Versagen diese Vorkehrungen, so darf das dem Bürger, der darauf keinen Einfluß hat, im Rahmen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht als Verschulden zur Last gelegt werden. 2. Differenzierungen danach, ob die Verzögerung auf einer zeitweise besonders starken Beanspruchung der Leistungsfähigkeit der Post, etwa vor Feiertagen, oder auf einer verminderten Dienstleistung der Post, etwa an Wochenenden, beruht, sind unzulässig. Von Verfassungs wegen ist es erforderlich, alle Fälle, in denen sich der Bürger zur Durchsetzung seines Rechts den Diensten der Deutschen Bundespost anvertraut, gleich zu behandeln.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ; ZPO § 233 ;

Gründe:

I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob dem Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründung in einem zivilgerichtlichen Verfahren in verfassungswidriger Weise versagt worden ist.