BVerfG - Beschluß vom 28.04.1976
1 BvR 71/73
Normen:
BetrVG § 74 Abs. 2 ; GG Art. 3 Art. 5 Abs. 1 ;
Fundstellen:
BVerfGE 42, 133
AP Nr. 2 zu § 74 BetrVG 1972
BB 1976, 1026
DB 1976, 1485
DVBl 1976, 709
JuS 1976, 681
JuS 1978 163
NJW 1976, 1627
WM 1976, 920
ZBR 1976, 374
Vorinstanzen:
ArbG Kempten, vom 26.07.1972 - Vorinstanzaktenzeichen BV 13/72 Kfb
LAG München, vom 25.01.1973 - Vorinstanzaktenzeichen 1 TaBV 77/72

Wahlwerbung im Betrieb durch ein Betriebsratsmitglied

BVerfG, Beschluß vom 28.04.1976 - Aktenzeichen 1 BvR 71/73

DRsp Nr. 1996/6853

Wahlwerbung im Betrieb durch ein Betriebsratsmitglied

»1. Zur Frage der Einwirkung des Grundrechts nach Art. 5 Abs. 1 GG auf die Auslegung von Gesetzen, die das Grundrecht auf Meinungsfreiheit im Betrieb einschränken.2. Art. 9 Abs. 3 GG schützt nicht die Wahlwerbung einer Koalition im Betrieb vor einer allgemeinen politischen Wahl.«

Normenkette:

BetrVG § 74 Abs. 2 ; GG Art. 3 Art. 5 Abs. 1 ;

Gründe:

A. Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob es Grundrechte eines Betriebsratsangehörigen verletzt, wenn er aus dem Betriebsrat ausgeschlossen wird, weil er im Betriebsgelände einen gewerkschaftlichen Aufruf zu einer Kommunalwahl verteilt hat.

I. § 74 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes vom 15. Januar 1972 (BGBl. I S. 13) BetrVG 72 bestimmt:

Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sind unzulässig; Arbeitskämpfe tariffähiger Parteien werden hierdurch nicht berührt. Arbeitgeber und Betriebsrat haben Betätigungen zu unterlassen, durch die der Arbeitsablauf oder der Frieden des Betriebs beeinträchtigt werden. Sie haben jede parteipolitische Betätigung im Betrieb zu unterlassen; die Behandlung von Angelegenheiten tarifpolitischer, sozialpolitischer und wirtschaftlicher Art, die den Betrieb oder seine Arbeitnehmer unmittelbar betreffen, wird hierdurch nicht berührt.