LAG Frankfurt/Main - Urteil vom 12.12.2022
16 Sa 700/22
Normen:
GG Art. 1 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 5 Abs. 1; GG Art. 12; BGB § 241 Abs. 2; KSchG § 1 Abs. 2;
Vorinstanzen:
ArbG Darmstadt, vom 03.03.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 7 Ca 114/21

Wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGBUmfassende Interessenabwägung bei einer fristlosen KündigungAbwägung zwischen Meinungsfreiheit und Verletzung vertraglicher Rücksichtnahmepflichten

LAG Frankfurt/Main, Urteil vom 12.12.2022 - Aktenzeichen 16 Sa 700/22

DRsp Nr. 2023/4491

"Wichtiger Grund" i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB Umfassende Interessenabwägung bei einer fristlosen Kündigung Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Verletzung vertraglicher Rücksichtnahmepflichten

1. Die Gleichsetzung betrieblicher Vorgänge mit dem nationalsozialistischen Terrorsystem kann eine grobe Beleidigung der damit angesprochenen Personen darstellen.2. Bei der Konkretisierung der Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) sind die grundrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere das Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) zu beachten.3. Es hat eine Abwägung der Umstände des Einzelfalls zwischen den Belangen der Meinungsfreiheit und den Rechtsgütern, in deren Interesse das Grundrecht der Meinungsfreiheit eingeschränkt werden soll, stattzufinden. Dabei wird das Grundrecht der Meinungsfreiheit zurücktreten müssen, wenn sich die Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde oder als eine Formalbeleidigung oder eine Schmähung darstellt. Voraussetzung jeder Abwägung ist, dass der Sinn der Meinungsäußerung zutreffend erfasst worden ist.