BayObLG - Beschluss vom 14.09.2022
101 ZRR 180/21
Normen:
GO Art. 75 Abs. 1 S. 2; GO Art. 75 Abs. 3 S. 1-2; BGB § 134; BauGB § 194; BayEG Art. 10 Abs. 1 S. 2;
Vorinstanzen:
OLG München, vom 22.02.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 18 U 4075/20
LG Traunstein, - Vorinstanzaktenzeichen 7 O 3478/17

Wirksamkeit der Eigentumsübertragung eines gemeindlichen GrundstücksVeräußerung zum vollen WertAnnahme einer Schenkung wegen eines massiven Unterschreitens des VerkehrswertesMissverhältnis zwischen Verkehrswert und EntgeltVoraussetzungen für die Annahme eines zulässigen Sonderfalls

BayObLG, Beschluss vom 14.09.2022 - Aktenzeichen 101 ZRR 180/21

DRsp Nr. 2022/15045

Wirksamkeit der Eigentumsübertragung eines gemeindlichen Grundstücks Veräußerung zum vollen Wert Annahme einer Schenkung wegen eines massiven Unterschreitens des Verkehrswertes Missverhältnis zwischen Verkehrswert und Entgelt Voraussetzungen für die Annahme eines zulässigen Sonderfalls

1. Nach Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO dürfen Vermögensgegenstände bayerischer Gemeinden in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden. Voller Wert im Sinne der Vorschrift ist der Verkehrswert im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Satz 2 BayEG, § 194 BauGB.2. Gemäß Art. 75 Abs. 3 Satz 1 GO ist es unzulässig, Gemeindevermögen zu verschenken oder unentgeltlich zu überlassen. Eine Verschenkung ist nicht nur dann anzunehmen, wenn die Veräußerung vollkommen unentgeltlich erfolgt, sondern auch dann, wenn wegen eines massiven Unterschreitens des Verkehrswerts ein derart grobes Missverhältnis zwischen dem Verkehrswert und dem Entgelt besteht, dass die Veräußerung einer Verschenkung gleichkommt. Gegen dieses Verbot verstoßende Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte der Gemeinde sind nach § 134 BGB nichtig.3. Nichts anderes gilt grundsätzlich bei einem Verstoß gegen das in Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO enthaltene Gebot, Vermögensgegenstände in der Regel nicht unter ihrem Wert zu veräußern.