BVerfG - Beschluss vom 06.06.2007
2 BvR 971/07
Normen:
GG Art. 2 Abs. 2 S. 2 ; StPO § 121 ;
Fundstellen:
StV 2007, 644
Vorinstanzen:
OLG Nürnberg, vom 24.04.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ws 248/07 H

Auswirkungen des Beschleunigungsgebots in Haftsachen

BVerfG, Beschluss vom 06.06.2007 - Aktenzeichen 2 BvR 971/07

DRsp Nr. 2007/11472

Auswirkungen des Beschleunigungsgebots in Haftsachen

1. Für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus fehlt ein wichtiger Grund regelmäßig dann, wenn die zu einer Verzögerung des Verfahrens führende Einholung eines Sachverständigengutachtens dadurch hätte vermieden werden können, dass unmittelbar nach Bekanntwerden des Begutachtungserfordernisses ein entsprechender Gutachtenauftrag erteilt worden wäre. Steht etwa zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftbefehls fest, dass ein Gutachten zur Schuldfähigkeit des Betroffenen eingeholt werden muß, so ist das Verfahren regelmäßig nicht ausreichend gefördert, wenn der Gutachtenauftrag erst mehrere Monate nach der Festnahme erteilt wird.2. Verfahrensverzögerungen können auch dann, wenn der Beschuldigte mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe zu rechnen hat, nicht zu einer Aufrechterhalt der Untersuchungshaft führen. Die Schwere der Tat und die im Raum stehende Straferwartung sind im Zusammenhang mit § 121 StPO ohne jede Bedeutung.3. Die Fortdauer der Untersuchungshaft kann nicht davon abhängen, wie ein Beamter der Kriminalpolizei die Sachlage beurteilt. Diese Entscheidung zu treffen sind gem. Art. 104 Abs. 2 S. 1 einzig und allein die Richter des Oberlandesgerichts befugt.

Normenkette:

GG Art. 2 Abs. 2 S. 2 ; StPO § 121 ;

Gründe: