ee) Interessenabwägung des Gerichts im Hinblick auf die Gewährung einer Räumungsfrist nach § 721 ZPO

Autor: Emmert

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Vor seiner Entscheidung über die Gewährung einer Räumungsfrist hat das Gericht unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens26)

eine Interessenabwägung vorzunehmen. Aus § 721 ZPO ergibt sich gerade kein allgemeiner Grundsatz, wonach das befristete Bestandsinteresse des Mieters generell höher zu bewerten ist als das Erlangungsinteresse des Vermieters.27)

Praxistipp:

Trägt der Vermieter hierzu nichts vor, so wird regelmäßig eine Räumungsfrist zu gewähren sein.28)

Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass § 721 ZPO neben dem Schutz des Mieters auch dem Interesse der Allgemeinheit dient, einer eventuell drohenden Obdachlosigkeit entgegenzuwirken.29)

aaa) Vermieterinteressen

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Berücksichtigenswerte Vermieterinteressen sind z.B.:

- Gewicht des Kündigungsgrunds, z.B. besonders dringlicher Eigenbedarf;

- Höhe des Zahlungsrückstands oder fortwährend unpünktliche Mietzahlung;

- Zahlung jedenfalls der laufenden Nutzungsentschädigung. Ist sie ausgeblieben, muss der Schuldner Tatsachen für seine künftige Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft vortragen30)

(denn wer nicht einmal die laufenden Zahlungen leistet, ist grundsätzlich nicht schutzbedürftig);