BVerfG - Beschluß vom 05.05.1987
1 BvR 903/85
Normen:
GG Art. 103 Abs.1 ; ZPO §§ 275 296 ;
Fundstellen:
BVerfGE 75, 302
DRsp IV(413)200a-c
JMBl NRW 1987, 225
JZ 1988, 90
MDR 1987, 904
NJW 1987, 2733
VR 1987, 397
Vorinstanzen:
AG Hamburg, vom 03.05.1985 - Vorinstanzaktenzeichen 35 C 22/85

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Anwendung von zivilprozessualen Präklusiuonsvorschriften

BVerfG, Beschluß vom 05.05.1987 - Aktenzeichen 1 BvR 903/85

DRsp Nr. 1992/228

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Anwendung von zivilprozessualen Präklusiuonsvorschriften

»1. Nicht jede fehlerhafte Anwendung von Präklusionsvorschriften verletzt Art. 103 Abs. 1 GG.2. Die Anwendung des absoluten Verzögerungsbegriffs ist grundsätzlich mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör vereinbar. Verspätetes Vorbringen darf jedoch nicht ausgeschlossen werden, wenn offenkundig ist, daß dieselbe Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vortrag eingetreten wäre.3. Eine Belehrung über die Folgen der Versäumung richterlicher Fristen ist verfassungsrechtlich nicht geboten, wenn die Partei anwaltlich vertreten ist.«

Normenkette:

GG Art. 103 Abs.1 ; ZPO §§ 275 296 ;

Gründe:

A. Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Zurückweisung eines Parteivorbringens in einem Zivilprozeß als verspätet.

I. Die Beschwerdeführerin betreibt ein Reinigungsunternehmen. Zu ihren Kunden gehörte auch die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die von ihr auf Zahlung von Reinigungslohn für Juli 1982 in Höhe von 325,44 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen wurde, obwohl in diesem Monat keine Reinigungsarbeiten ausgeführt worden waren. Sie trug dazu vor, ihre Mitarbeiter hätten in diesem Monat keinen Zutritt zu den Räumen der Beklagten erhalten; deshalb habe diese es zu verantworten, daß die geschuldete Leistung nicht erbracht worden sei.