KG - Beschluss vom 18.09.2010
12 W 24/10
Normen:
BGB § 254; StVG § 7 Abs. 1; StVO § 3 Abs. 1 S. 2; ZPO § 114;
Vorinstanzen:
LG Berlin, vom 06.04.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 43 O 224/09

Haftungsverteilung bei Kollision eines Fahrzeugs mit einem plötzlich auf die Fahrbahn tretenden Fußgänger; Verwertung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens im Prozesskostenhilfeverfahren

KG, Beschluss vom 18.09.2010 - Aktenzeichen 12 W 24/10

DRsp Nr. 2010/19904

Haftungsverteilung bei Kollision eines Fahrzeugs mit einem plötzlich auf die Fahrbahn tretenden Fußgänger; Verwertung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens im Prozesskostenhilfeverfahren

1. Der Fußgänger hat für einen Unfallschaden grundsätzlich allein einzustehen, wenn seinem groben Eigenverschulden lediglich die - nicht erhöhte - Betriebsgefahr des Kfz gegenübersteht. 2. Das Sichtfahrgebot (§ 3 Abs. 1 Satz 2 StVO) bezieht sich nur auf Hindernisse, die ein Kraftfahrer in der konkreten Situation in Rechnung stellen muss; es gilt nicht für plötzlich von der Seite auf die Fahrbahn gelangende Hindernisse, sondern betrifft die Sicht vor dem Fahrzeug. 3. Ohne konkreten Anlass muss der Kraftfahrer seine Geschwindigkeit nicht darauf einstellen, dass ein Fußgänger plötzlich von der Seite auf der Fahrbahn treten könnte. 4. Bei Beurteilung der Erfolgsaussicht einer Klage (§ 114 ZPO) kann ein im Ermittlungsverfahren erstattetes Unfallrekonstruktionsgutachten verwertet werden.

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 6. April 2010 - 43 O 224/09 - wird zurückgewiesen.

Normenkette:

BGB § 254; StVG § 7 Abs. 1; StVO § 3 Abs. 1 S. 2; ZPO § 114;

Gründe:

I. Die Antragsteller begehren Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der sie als Erben Schadensersatz aufgrund des Versterbens ihrer Mutter infolge eines Verkehrsunfalls verlangen wollen.