KG - Beschluss vom 28.01.2010
12 U 40/09
Normen:
StVO § 3 Abs. 1; StVO § 8 Abs. 2 S. 2; StVO § 8 Abs. 2 S. 3;
Fundstellen:
MDR 2010, 805
NZV 2010, 511
Vorinstanzen:
AG Berlin-Mitte, - Vorinstanzaktenzeichen 110 C 3404/06

Haftungsverteilung bei Kollision eines Vorfahrtberechtigten mit einem wartepflichtigen Fahrzeug an einer unübersichtlichen Kreuzung

KG, Beschluss vom 28.01.2010 - Aktenzeichen 12 U 40/09

DRsp Nr. 2010/11108

Haftungsverteilung bei Kollision eines Vorfahrtberechtigten mit einem wartepflichtigen Fahrzeug an einer unübersichtlichen Kreuzung

1. Wer die Vorfahrt zu beachten hat, darf nach § 8 Abs. 2 Satz 2 StVO nur weiterfahren, wenn er übersehen kann, dass er den Vorfahrtberechtigten weder gefährdet noch wesentlich behindert. Kann er das nicht übersehen, weil die Straßenstelle unübersichtlich ist, darf er sich nach § 8 Abs. 2 Satz 3 StVO vorsichtig in die Kreuzung hineintasten bis er Übersicht hat. 2. "Hineintasten" bedeutet zentimeterweises Vorrollen bis zum Übersichtspunkt mit der Möglichkeit sofort anzuhalten; das bedeutet ein Vorrollen um jeweils nur wenige Zentimeter, danach ein Anhalten und ein mehrfaches Wiederholen dieses Vorgangs über einen längeren Zeitraum. 3. Der Wartepflichtige genügt dieser Pflicht nicht, wenn er einfach bis zum Übersichtspunkt - ohne Unterbrechung - vorrollt, die Schnittlinie der bevorrechtigten Straße überfährt und damit ganz oder teilweise den Fahrstreifen eines bevorrechtigten Verkehrsteilnehmers sperrt. 4. Die Schätzung eines Zeugen, ein Kraftfahrer sei mit "30 bis 50 km/h" in die Kreuzung gefahren, ist für die Feststellung einer der Verkehrssituation nicht angepassten Geschwindigkeit (§ 3 Abs. 1 StVO) nicht geeignet.