OLG Hamm - Urteil vom 03.03.2023
7 U 100/22
Normen:
StVG § 7 Abs. 1;
Vorinstanzen:
LG Arnsberg, vom 22.07.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 4 O 599/20

Haftungsverteilung bei Überfahren eines betrunken schlafend auf der Straße liegenden Fußgängers

OLG Hamm, Urteil vom 03.03.2023 - Aktenzeichen 7 U 100/22

DRsp Nr. 2023/6627

Haftungsverteilung bei Überfahren eines betrunken schlafend auf der Straße liegenden Fußgängers

1. Liegt ein Fußgänger betrunken schlafend auf der Straße, schließt dies analog § 827 Satz 2 BGB nicht ohne Weiteres seine Zurechnungsfähigkeit/sein Verschulden aus, wenn sich der Fußgänger selbstverschuldet in einen Zustand versetzt hat, der die freie Willensbildung ausschließt.2. Grundsätzlich spricht gegen einen Kraftfahrer, der auf ein nicht ungewöhnlich / atypisch schwer erkennbares Hindernis auffährt, der Beweis des ersten Anscheins, dass entweder der Anhalteweg aufgrund der gefahrenen Geschwindigkeit länger als die Sichtweite oder seine Reaktion auf die rechtzeitig erkennbare Gefahr unzureichend war (im Anschluss an BGH Urt. v. 23.6.1987 - VI ZR 188/86, r+s 1987, 312 = juris Rn. 12; siehe auch BGH Urt. v. 23.4.2020 - III ZR 251/17, NJW 2020, 3106 Rn. 33).3. Zur positiven Feststellung eines alternativen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 StVO wegen Unaufmerksamkeit oder gegen die Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 2 und Satz 4 StVO.

Bei Überfahren eines betrunkenen schlafend auf der Straße liegenden Fußgängers durch einen Pkw ist eine hälftige Schadensteilung angemessen.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 22.07.2022 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg abgeändert und wie folgt neu gefasst: