OLG Nürnberg - Endurteil vom 27.06.2016
8 U 2633/14
Normen:
BGB §§ 311 Abs. 2 Abs. 2, 280 Abs. 1; BGB §§ 311 Abs. 241 Abs. 2, 280 Abs. 1; VVG § 6;
Fundstellen:
DStR 2016, 14
MDR 2016, 1144
r+s 2016, 610
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, vom 11.11.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 2752/13

Umfang der Aufklärungspflicht des Versicherers bei Abschluss einer Kapitallebensversicherung nach dem sog. Invitatio-Modell

OLG Nürnberg, Endurteil vom 27.06.2016 - Aktenzeichen 8 U 2633/14

DRsp Nr. 2016/12095

Umfang der Aufklärungspflicht des Versicherers bei Abschluss einer Kapitallebensversicherung nach dem sog. Invitatio-Modell

1. Auch bei nach der VVG -Reform 2008 abgeschlossenen Verträgen ist der Versicherer entsprechend den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Aufklärung bei Anlagegeschäften verpflichtet, den Kläger bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für seinen Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind, wenn sich der Abschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt.2. Ob sich eine kapitalbildende Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt, weil die vereinbarte Versicherungsleistung gegenüber der Renditeerwartung von untergeordneter Bedeutung ist, ist durch eine Gesamtbewertung des Vertragsinhalts und dem Versicherer bekannter weiterer Umstände, wie einer Kreditfinanzierung der Beiträge, zu ermitteln.3. Die Vereinbarung einer Todesfallleistung von 101 % der eingezahlten Prämien und damit die Übernahme des Verlustrisikos der Anlage des Deckungskapitals durch den Versicherer für diesen Fall steht bei wirtschaftlicher Betrachtung der Einordnung eines Versicherungsvertrages als Anlagegeschäft nicht entgegen.

Tenor

1. I. II. III. a) b) IV. V. VI. 2. 3. 4.