BVerfG - Beschluß vom 12.11.1997
2 BvR 615/97
Normen:
GG Art. 1 Abs. 1 Art. 2 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 ; StVollzG § 2 Satz 1 § 11 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 § 109 ;
Fundstellen:
NStZ-RR 1998, 121
StV 1998, 434
ZfStrVo 1998, 180
Vorinstanzen:
LG Augsburg, vom 08.01.1997 - Vorinstanzaktenzeichen StVK 590/96
OLG München, vom 13.03.1997 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Ws 143/97

Verfassungsrechtliche Anforderungen an Lockerungen im Strafvollzug

BVerfG, Beschluß vom 12.11.1997 - Aktenzeichen 2 BvR 615/97

DRsp Nr. 1998/1059

Verfassungsrechtliche Anforderungen an Lockerungen im Strafvollzug

1. An die Versagung von Vollzugslockerungen bei einem zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen, der sich bereits 11 Jahre im Strafvollzug befindet, mit der Begründung, die besondere Schwere der Schuld erfordere noch einen langjährigen Freiheitsentzug, sind hohe Anforderungen zu stellen.Solange noch keine gerichtliche Entscheidung vorliegt, hat die Justivollzugsanstalt sich mit diesem Tatbestandsmerkmal auseinanderzusetzen. Ihre Wertung ist gerichtlich voll überprüfbar.2. Soweit der Justizvollzugsanstalt bei der Versagung von Vollzugslockerungen ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, ist die Entscheidung gerichtlich darauf zu überprüfen, ob sie von einem vollständig ermittelten Sachverhalt ausgeht. Das Gericht verkennt den Umfang des der Justizvollzugsbehörde eingeräumten Beurteilungsspielraums, wenn es die Begründung der Versagung von Vollzugslockerungen mit dem von dem noch langjährigen Freiheitsentzug ausgehenden Fluchtanreiz angesichts de Wertung des § 13 Abs. 3 StVollzG unbeanstandet läßt und der Frage nicht nachgeht, ob die von der Anstalt vorgetragene generelle Erwägung einen hinreichenden Versagungsgrund darstellt. Dies gilt umso mehr, wenn de Gefangene sich bis dahin im Vollzug beanstandungsfrei geführt hat.

Normenkette:

GG Art. 1 Abs. 1 Art. 2 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 ;