BVerfG - Beschluss vom 14.07.2016
2 BvR 2748/14
Normen:
GG Art. 13 Abs. 1; GG Art. 13 Abs. 2; StVZO § 31a; StVG § 24; StVG § 26 Abs. 3; OWiG § 31 Abs. 3; OWiG § 33 Abs. 1 Nr. 3, 11; OWiG § 46 Abs. 1; StPO § 102; StPO § 103;
Fundstellen:
DAR 2016, 641
Vorinstanzen:
LG Tübingen, vom 29.09.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 9 Qs 25+26/14
AG Reutlingen, vom 28.02.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 28 Js 129/13
AG Reutlingen, vom 08.03.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 28 Js 129/13

Wohnungsdurchsuchung zur Identifizierung des Fahrers i.R.e. Bußgeldverfahrens wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit; Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit

BVerfG, Beschluss vom 14.07.2016 - Aktenzeichen 2 BvR 2748/14

DRsp Nr. 2016/13868

Wohnungsdurchsuchung zur Identifizierung des Fahrers i.R.e. Bußgeldverfahrens wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit; Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit

1. In Ordnungswidrigkeitenverfahren ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von ganz erheblicher Bedeutung. Bei der Abwägung zwischen den durch eine Ermittlungsmaßnahme beeinträchtigten Grundrechten und dem Verfolgungsinteresse des Staates ist zu berücksichtigen, dass der Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit stets weniger schwer wiegt als der einer Straftat. Im Bußgeldverfahren ist von Eingriffsbefugnissen in der Regel zurückhaltender Gebrauch zu machen.2. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt aber nicht, dass bei Ordnungswidrigkeiten generell von einer Durchsuchung (und Beschlagnahme) abgesehen wird. Die Durchsuchung hat der Gesetzgeber gemäß § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit §§ 102, 103 StPO grundsätzlich auch im Bußgeldverfahren vorgesehen. Eine schematische Untergrenze für intensivere Eingriffsmaßnahmen etwa im Hinblick auf die Bußgeldhöhe existiert nicht. Vielmehr ist jeweils eine Abwägung im konkreten Einzelfall vorzunehmen.