Haftungsverteilung bei Vorfahrtverletzung an einer über abgeflachte Bordsteine einmündenden Vorfahrtstraße
BGH, Urteil vom 14.10.1986 - Aktenzeichen VI ZR 139/85
DRsp Nr. 1992/3524
Haftungsverteilung bei Vorfahrtverletzung an einer über abgeflachte Bordsteine einmündenden Vorfahrtstraße
»1. Eine über abgeflachte Bordsteine "überführte" Zufahrt ist, wenn sie die äußeren Merkmale einer öffentlichen Straße aufweist, einmündende Straße im Sinne der Vorfahrtregelung "rechts vor links" (§ 8 Abs. 1 Satz 1 StVO), auch wenn sie für den von links kommenden Kraftfahrer dem ersten optischen Eindruck nach als eine Grundstücksausfahrt im Sinne von § 10StVO erscheint.2. Schwierigkeiten, derartige "überführte" Zufahrten als vorfahrtberechtigte Einmündungen zu erkennen, sind über das Verschuldungserfordernis und über die Regelung des § 11 Abs. 2StVO aufzufangen. Der Verkehr auf einer solchen "überführten" Zufahrt muss sich, wenn das sich ihm bietende Gesamtbild keinen Raum für ein Vertrauen in die Beachtung seiner Vorfahrt durch den querenden Verkehr zulässt, wie der Benutzer einer Grundstücksausfahrt besonders sorgfältig verhalten.«3. Im Falle einer Kollision ist von einer Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des an sich vorfahrtberechtigten Fahrzeugs auszugehen, da es angesichts der unklaren Situation nicht darauf vertrauen durfte, dass sein Vorfahrtrecht respektiert würde.