9.2.29 Ablehnung eines Schöffen wegen verbalisierter Voreingenommenheit

Autor: Artkämper

Kurzüberblick

Aufforderungen eines Schöffen an den Angeklagten, die Tat zu gestehen, da der Staatsanwalt doch wohl nicht lügt, begründen die Besorgnis der Befangenheit (vgl. dazu BGH, Urt. v. 17.06.2015 - 2 StR 228/14, NStZ 2016, 58).

Sachverhalt

In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes hat der Schöffe auf die Erklärung des Verteidigers, dass der Angeklagte keine Einlassung zur Sache abgebe, gegenüber dem Angeklagten wörtlich bemerkt: "Ich rate Ihnen: den Helm ab zum Gebet. Anderenfalls werden Sie die Quittung dafür bekommen … oder denken Sie, dass der Staatsanwalt lügt?"

Lässt diese Bemerkung durch den Schöffen berechtigte Zweifel an seiner neutralen Einstellung aufkommen?

Lösung

Voreingenommenheit

Ein Grund zur Besorgnis der Befangenheit besteht, wenn ein Umstand vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Es ist also nicht erforderlich, dass der Schöffe in der Tat parteilich oder befangen ist. Auch kommt es weder darauf an, ob er sich selbst für unbefangen hält, noch darauf, ob er für Zweifel an seiner Unbefangenheit Verständnis aufbringt. Vielmehr ist die Ablehnung begründet, wenn der Ablehnende einen vernünftigen Grund zu der Annahme hat, dass der Laienrichter befangen sei.