BGH - Urteil vom 23.01.2019
XII ZR 71/18
Normen:
GG Art. 1 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 6 Abs. 1; GG Art. 6 Abs. 2;
Fundstellen:
FamRB 2019, 144
FamRZ 2019, 537
FuR 2019, 293
MDR 2019, 424
NJW 2019, 848
Vorinstanzen:
AG Dresden, vom 18.07.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 102 C 6071/16
LG Dresden, vom 20.07.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 3 S 390/17

Anspruch auf Gewährung einer Auskunft über die Identität eines biologischen Vaters durch Angabe der Personalien des Samenspenders durch ein in den neuen Bundesländern ansässiges Klinikum; Zumutbarkeit einer Reproduktionsklinik zur Erteilung einer Auskunft über die Identität eines Samenspenders

BGH, Urteil vom 23.01.2019 - Aktenzeichen XII ZR 71/18

DRsp Nr. 2019/2402

Anspruch auf Gewährung einer Auskunft über die Identität eines biologischen Vaters durch Angabe der Personalien des Samenspenders durch ein in den neuen Bundesländern ansässiges Klinikum; Zumutbarkeit einer Reproduktionsklinik zur Erteilung einer Auskunft über die Identität eines Samenspenders

a) Dem vor der deutschen Wiedervereinigung auf dem Gebiet der ehemaligen DDR mittels künstlicher heterologer Insemination gezeugten Kind kann gegen die Reproduktionsklinik ein aus den Grundsätzen von Treu und Glauben folgender Anspruch auf Auskunft über die Identität des Samenspenders zustehen. Dass unter Geltung des DDR-Rechts dem Samenspender wirksam Anonymität zugesichert werden konnte, steht dem nicht entgegen (Fortführung von Senatsurteil BGHZ 204, 54 = FamRZ 2015, 642).b) Ob es der Reproduktionsklinik zumutbar ist, Auskunft über die Identität des Samenspenders zu erteilen, ist durch eine auf den konkreten Einzelfall bezogene, umfassende Abwägung der durch die Auskunftserteilung berührten rechtlichen, insbesondere grundrechtlichen, Belange zu klären. Dabei können auch die durch die ärztliche Schweigepflicht geschützten rechtlichen Belange des Samenspenders Berücksichtigung finden; gegenüber diesen wird der Rechtsposition des Kindes allerdings regelmäßig ein erhebliches Gewicht zukommen (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 204, 54 = FamRZ 2015, 642).