KG - Beschluss vom 07.01.2021
3 Ws (B) 314/20 - 162 Ss 125/20
Normen:
MRK Art. 6; GG Art. 20 Abs. 3; OWiG § 79 Abs. 3; StPO § 300;
Vorinstanzen:
AG Berlin-Tiergarten, vom 24.09.2020 - Vorinstanzaktenzeichen OWi 7177/20

Recht des Betroffenen auf Einsicht in nicht bei den Verfahrensakten befindlicher Messunterlagen

KG, Beschluss vom 07.01.2021 - Aktenzeichen 3 Ws (B) 314/20 - 162 Ss 125/20

DRsp Nr. 2021/3635

Recht des Betroffenen auf Einsicht in nicht bei den Verfahrensakten befindlicher Messunterlagen

1. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass der Betroffene als Ausfluss seines Rechts auf ein faires Verfahren zwar Einsicht auch in solche Messunterlagen verlangen kann, die nicht Bestandteil der Verfahrensakten sind, sofern die hinreichend konkret benannten Informationen in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Vorwurf stehen und der Betroffene sie verständigerweise für die Beurteilung des Ordnungswidrigkeitenvorwurfs für bedeutsam halten darf. 2. Weiter ist anerkannt, dass dieses Zugangsrecht vom Beginn bis zum Abschluss des Verfahrens zusteht. 3. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens liegt allerdings nur dann vor, wenn sich der Betroffene im Bußgeldverfahren rechtzeitig, das heißt ohne schuldhaftes Zögern um die begehrten Unterlagen bemüht hat, seine Anstrengungen aber erfolglos geblieben sind. 4. Stellt der Betroffene einen Antrag auf Herbeischaffung von (Mess-)Unterlagen erstmalig in der Hauptverhandlung, ist dies regelmäßig verspätet. Denn er hätte einen entsprechenden Antrag in aller Regel schon nach Bekanntwerden des ihm zur Last gelegten Vorwurfs im behördlichen Verfahren, jedenfalls aber nach Bekanntgabe des Bußgeldbescheids stellen können.