8/7.3.3 Kerntheorie

Autor: Riedel

Gleichgelagerte Verletzungshandlungen

Die Notwendigkeit, die zu unterlassende Handlung möglichst eindeutig und genau zu beschreiben, birgt insbesondere im Wettbewerbsrecht die Gefahr, dass der Schuldner versucht, die auferlegte Unterlassungspflicht durch geringfügige Abänderung seiner Verhaltensweisen zu umgehen. Dem begegnet die herrschende Rechtsprechung mit der sogenannten Kerntheorie. Danach umfasst ein Unterlassungsurteil nicht nur die konkret bezeichnete Handlung, sondern erstreckt sich auch auf unwesentlich andere, verwechselbare oder dem Sinn nach gleiche Verletzungshandlungen (vgl. BGH v. 04.09.2003 - I ZR 32/01; OLG Nürnberg v. 01.10.2003 - 3 W 2509/03).

Wesensgleiche Vorgänge

In den Verbotsbereich eines Unterlassungstitels fallen demnach nicht nur die identische Wiederholung des untersagten Verhaltens, sondern auch solche Handlungen, die nur unbedeutend von der verbotenen Form abweichen und den Kern des gerichtlichen Verbots unberührt lassen (OLG Köln v. 27.01.2005 - 6 W 4/05). Dazu muss sich das Charakteristische der gerichtlich verbotenen in der im Vollstreckungsverfahren beanstandeten Handlung wiederfinden (vgl. BGH v. 30.03.1989 - I ZR 85/87; OLG München v. 12.10.2001 - 29 W 2368/01). Weiterhin ist Voraussetzung, dass die abweichende Fallgestaltung implizit bereits Gegenstand der Prüfung in dem Erkenntnisverfahren war, das zu dem Titel geführt hat, aus dem vollstreckt wird (vgl. OLG Düsseldorf v. 04.07.2000 - 20 U 140/99).