LSG Baden-Württemberg - Urteil vom 06.12.2018
L 6 VG 2096/17
Normen:
OEG § 1 Abs. 1 S. 1; OEG § 2 Abs. 1; OEG § 2 Abs. 2; BVG § 9 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1; BVG § 30; BVG § 31; StGB § 223 Abs. 1;
Fundstellen:
NZS 2020, 648
Vorinstanzen:
SG Reutlingen, vom 13.04.2017 - Vorinstanzaktenzeichen S 7 VG 1465/16

Anspruch auf Anerkennung von Gesundheitsschäden als Folgen von Gewalttaten nach dem OpferentschädigungsgesetzAnforderungen an eine ausreichende Konkretisierung einer angeschuldigten Tat nach Sachverhalt, Ort und Tatzeit bei der körperlichen Misshandlung von Kindern durch ihre ElternStrukturelle Defizite des OEG bei der Erfassung lange andauernder Gewalttaten im familiären Bereich

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.12.2018 - Aktenzeichen L 6 VG 2096/17

DRsp Nr. 2018/18764

Anspruch auf Anerkennung von Gesundheitsschäden als Folgen von Gewalttaten nach dem Opferentschädigungsgesetz Anforderungen an eine ausreichende Konkretisierung einer angeschuldigten Tat nach Sachverhalt, Ort und Tatzeit bei der körperlichen Misshandlung von Kindern durch ihre Eltern Strukturelle Defizite des OEG bei der Erfassung lange andauernder Gewalttaten im familiären Bereich

1. Eine Tat, die nach Ort, Zeit oder Ablauf nicht in derart konkret beschrieben werden kann, dass sie nach den verschiedenen rechtlichen Anforderungen überprüft werden kann, kann nicht Grundlage für einen Anspruch nach dem OEG sein. 2. Bei der körperlichen Misshandlung von Kindern durch ihre Eltern richtet sich die Rechtswidrigkeit einer Gewalttat nach dem Strafrecht zur Zeit der Begehung. Derartige Taten galten lange Zeit als durch das "elterliche Züchtigungsrecht" gerechtfertigt, auch wenn es sich um Körperverletzungen im Sinnen von § 223 Abs. 1 StGB handelte. 3. Das OEG zeigt strukturelle Defizite bei der Erfassung lange andauernder Gewalttaten im familiären Bereich, mehr noch bei körperlichen Misshandlungen, bei denen regelmäßig die Reichweite des elterlichen Züchtigungsrechts im Raum steht, als zum Beispiel bei sexuellen Missbräuchen.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 13. April 2017 wird zurückgewiesen.