BAG - Urteil vom 07.07.2011
2 AZR 355/10
Normen:
GG Art. 5 Abs. 1; BGB § 241 Abs. 2; BGB § 626 Abs. 1; RL 2000/78/EG Art. 1; RL 2000/78/EG Art. 2; SGB IX § 85; SGB X § 43 Abs. 1;
Fundstellen:
ArbRB 2012, 5
AuR 2012, 41
AuR 2012, 42
BAGE 138, 312
DB 2012, 58
MDR 2012, 416
NJW 2011, 3803
NZA 2011, 1412
Vorinstanzen:
LAG Niedersachsen, vom 03.12.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 5 Sa 739/09
ArbG Hildesheim - 3 Ca 365/08 - 7.5.2009,

Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen grober Beleidigungen des Arbeitgebers und seiner Repräsentanten

BAG, Urteil vom 07.07.2011 - Aktenzeichen 2 AZR 355/10

DRsp Nr. 2011/20021

Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen grober Beleidigungen des Arbeitgebers und seiner Repräsentanten

Die Berücksichtigung der Dauer des Arbeitsverhältnisses und seines störungsfreien Verlaufs bei der Interessenabwägung im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB verstößt nicht gegen das Gebot einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts. Orientierungssätze: 1. Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers, seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen stellen einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme dar (§ 241 Abs. 2 BGB) und sind "an sich" geeignet, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Eine grobe Beleidigung in diesem Sinne kann auch in einem Vergleich mit Vorgehensweisen des nationalsozialistischen Unrechtsregimes liegen. 2. Die Grenze zwischen einer lediglich überspitzten oder polemischen Kritik und einer nicht mehr vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) gedeckten Schmähung ist überschritten, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.