LAG Frankfurt/Main - Urteil vom 05.10.2010
13 Sa 488/10
Normen:
AGG § 1; AGG § 3 Abs. 1 S. 1; AGG § 7 Abs. 1; AGG § 7 Abs. 2; AGG § 15 Abs. 2 S. 2; AGG § 15 Abs. 3; SGB IX § 82 S. 2; SGB IX § 82 S. 3;
Vorinstanzen:
ArbG Frankfurt/Main, vom 28.01.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 11 Ca 7932/09

Benachteiligung eines schwerbehinderten Stellenbewerbers im öffentlichen Dienst durch Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch; rechtswidrige Dienstvereinbarung zur Entscheidung über Einladungen von Bewerbern

LAG Frankfurt/Main, Urteil vom 05.10.2010 - Aktenzeichen 13 Sa 488/10

DRsp Nr. 2011/1548

Benachteiligung eines schwerbehinderten Stellenbewerbers im öffentlichen Dienst durch Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch; rechtswidrige Dienstvereinbarung zur Entscheidung über Einladungen von Bewerbern

1. Grundsätzlich ist die Verletzung der Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bei einem öffentlichen Arbeitgeber eine Tatsache, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten läßt. Ein sich bewerbender schwerbehinderter Mensch muß nur dann nicht eingeladen werden, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. 2. Die gerichtliche Überprüfung dieser offensichtlich fehlenden Eignung kann nicht dadurch umgangen werden, dass sich der öffentliche Arbeitgeber auf eine Dienstvereinbarung beruft, die bestimmt, dass die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, wenn alle am Einstellungsverfahren beteiligt Gewesenen einstimmig dieser Ansicht sind. Eine solche Dienstvereinbarung verstößt ihrerseits gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 2 AGG. Sie unterläuft den allgemeinen Justizgewährungs-anspruch. 3. In aller Regel wird sich bei solchen Fallkonstellationen der öffentliche Arbeitgeber nicht darauf berufen können, er habe bei der Anwendung der Dienstvereinbarung nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt.