LAG Nürnberg - Urteil vom 14.12.2022
4 Sa 132/22
Normen:
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 1;
Vorinstanzen:
ArbG Weiden, vom 11.02.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Ca 575/21

Doppelnatur eines gerichtlich protokollierten VergleichsAuslegung eines Vergleichs aus der Sicht des VollstreckungsorgansKein vollstreckbarer Zahlungstitel bei unwiderruflicher bezahlter Freistellung im Prozessvergleich

LAG Nürnberg, Urteil vom 14.12.2022 - Aktenzeichen 4 Sa 132/22

DRsp Nr. 2023/2893

Doppelnatur eines gerichtlich protokollierten Vergleichs Auslegung eines Vergleichs aus der Sicht des Vollstreckungsorgans Kein vollstreckbarer Zahlungstitel bei unwiderruflicher bezahlter Freistellung im Prozessvergleich

Die in einem gerichtlich protokollierten Vergleich getroffene Vereinbarung der unwiderruflichen Freistellung unter Fortzahlung einer zahlenmäßig genau benannten monatlichen Bruttovergütung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses stellt keinen vollstreckbaren Zahlungstitel dar.

1. Ein gerichtlich protokollierter Vergleich kann ein Prozessvertrag sein, der eine rechtliche Doppelnatur hat. Er ist sowohl eine Prozesshandlung, deren Wirkung sich nach den Grundsätzen des Verfahrensrechts richtet, als auch ein privatrechtlicher Vertrag, für den die Regeln des materiellen Rechts gelten. Inhalt und Umfang der materiell-rechtlichen Vereinbarung einerseits und des prozessualen Vertrags als Vollstreckungstitel andererseits können auseinanderfallen. 2. Ob ein gerichtlicher Vergleich Vollstreckungstitel i.S.v. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Maßgebend hierfür ist nicht in erster Linie der übereinstimmende Wille der Parteien, sondern es ist darauf abzustellen, wie das hierzu berufene Vollstreckungsorgan den Inhalt der zu erzwingenden Leistungen in verständiger Weise versteht und festlegt.