LAG Thüringen - Urteil vom 09.11.2022
4 Sa 241/21
Normen:
KSchG § 1 Abs. 2; KSchG § 9 Abs. 1; BGB § 626 Abs. 1;
Vorinstanzen:
ArbG Erfurt, vom 15.10.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 7 Ca 265/21

Dreistufiges Prüfungsschema bei der krankheitsbedingten KündigungUltima-ratio-Prinzip bei der personenbedingten KündigungAuflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 KSchGArbeitsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch

LAG Thüringen, Urteil vom 09.11.2022 - Aktenzeichen 4 Sa 241/21

DRsp Nr. 2023/3343

Dreistufiges Prüfungsschema bei der krankheitsbedingten Kündigung Ultima-ratio-Prinzip bei der personenbedingten Kündigung Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 KSchG Arbeitsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch

1. Die Überprüfung einer krankheitsbedingten Kündigung hat in drei Stufen zu erfolgen. Zunächst bedarf es einer negativen Prognose hinsichtlich des weiteren Gesundheitszustandes des zu kündigenden Arbeitnehmers. Im Anschluss daran ist zu prüfen, ob die entstandenen und prognostizierten Fehlzeiten zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Abschließend wird nach Maßgabe einer einzelfallbezogenen Interessenabwägung geprüft, ob die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinnehmbaren betrieblichen und/oder wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen. 2. Im gesamten Kündigungsrecht gilt das Verhältnismäßigkeitsprinzip: Auch eine aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers ausgesprochene Kündigung ist unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam, wenn sie durch mildere Mittel vermieden werden kann, d. h., wenn die Kündigung zur Beseitigung der eingetretenen Vertragsstörung nicht geeignet oder nicht erforderlich ist.