BVerfG - Beschluß vom 30.07.2003
1 BvR 792/03
Normen:
GG Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 ;
Fundstellen:
AuR 2003, 349
BB 2003, 1956
DB 2003, 1908
JuS 2003, 1219
MDR 2004, 96
ZAR 2003, 365
Vorinstanzen:
BAG, vom 10.10.2002 - Vorinstanzaktenzeichen 2 AZR 472/01

Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen Tragens eines Kopftuchs aus religiösen Gründen

BVerfG, Beschluß vom 30.07.2003 - Aktenzeichen 1 BvR 792/03

DRsp Nr. 2003/12504

Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen Tragens eines Kopftuchs aus religiösen Gründen

1. Es ist Sache der Fachgerichte, bezogen auf den konkreten Streitfall und das jeweils betroffene Arbeitsverhältnis abzuwägen, ob im Einzelfall eine bestimmte Erwartungshaltung an das Verhalten des Arbeitnehmers eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann, wenn der Arbeitnehmer sich im Rahmen seiner grundrechtlich geschützten Freiheit nicht in der Lage sieht, den an ihn herangetragenen Erwartungshaltungen gerecht zu werden.2. Es ist sachgerecht, wenn das Bundesarbeitsgericht bei der Herbeiführung eines schonenden Ausgleichs der unterschiedlichen grundrechtlichen Positionen die Glaubensfreiheit einer Arbeitnehmerin nicht auf einen möglichen "Verdacht" hin als beiseite gestellt ansieht, sondern eine konkrete Gefahr des Eintritts der von dem Arbeitgeber behaupteten negativen betrieblichen oder wirtschaftlichen Folgen verlangt.

Normenkette:

GG Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 ;

Gründe:

A. Im Ausgangsverfahren wurde darüber gestritten, ob das Arbeitsverhältnis einer Verkäuferin gekündigt werden kann, wenn sie sich dazu entschließt, aus religiösen Gründen ein Kopftuch zu tragen.