BAG - Urteil vom 18.04.2012
5 AZR 630/10
Normen:
AEntG (a.F.) § 1 Abs. 3a; BGB § 138; BGB § 612; Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen (PostmindestlohnVO vom 28. Dezember 2007) § 1; Tarifvertrag über Mindestlöhne für die Branche Briefdienstleistungen (TV Mindestlohn Briefdienstleistungen vom 29. November 2007) § 3 Abs. 2 Buchst. b;
Fundstellen:
ArbRB 2012, 298
AuR 2012, 370
BAGE 141, 137
BB 2012, 2176
DB 2012, 1879
EzA-SD 2012, 11
MDR 2012, 1046
NZA 2012, 978
Vorinstanzen:
LAG Niedersachsen, vom 13.09.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 12 Sa 1451/09
ArbG Hannover, vom 02.07.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 6 Ca 190/08

Lohnwucher; Auffälliges Missverhältnis; Maßgeblicher Wirtschaftszweig [Zuordnung nach Unionsrecht]

BAG, Urteil vom 18.04.2012 - Aktenzeichen 5 AZR 630/10

DRsp Nr. 2012/14812

Lohnwucher; Auffälliges Missverhältnis; Maßgeblicher Wirtschaftszweig [Zuordnung nach Unionsrecht]

Die bei der Ermittlung eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung iSv. § 138 BGB erforderliche Zuordnung eines Unternehmens des Arbeitgebers zu einem bestimmten Wirtschaftszweig richtet sich nach der durch Unionsrecht vorgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige. Orientierungssätze: 1. Das für den objektiven Tatbestand sowohl des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) als auch des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) erforderliche auffällige Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung liegt vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines im betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht. 2. Ob eine Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a AEntG aF (jetzt § 7 Abs. 1 AEntG) wirksam ist, prüfen die Gerichte für Arbeitssachen als Vorfrage in jedem arbeitsgerichtlichen Verfahren, in dem es entscheidungserheblich darauf ankommt. Eine Bindung an entsprechende Entscheidungen der Verwaltungsgerichte besteht nicht. 3. Ein Verstoß gegen Anhörungs- und Beteiligungsrechte im Verfahren zum Erlass einer Rechtsverordnung führt regelmäßig zur Unwirksamkeit der Verordnung.