LAG Nürnberg - Urteil vom 27.07.2021
7 Sa 359/20
Normen:
BGB § 611a Abs.2; BGB § 615 S. 1; GewO § 109 Abs. 1; BUrlG § 5 Abs. 1; BUrlG § 5 Abs. 2; BUrlG § 9;
Vorinstanzen:
ArbG Würzburg, vom 04.08.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ca 600/20

Prüfungsschema zum wichtigen Grund des § 626 Abs. 1 BGBVortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit als wichtiger GrundWiderruf einer Urlaubsgenehmigung durch den ArbeitgeberArbeitszeugnis als Holschuld

LAG Nürnberg, Urteil vom 27.07.2021 - Aktenzeichen 7 Sa 359/20

DRsp Nr. 2021/16270

Prüfungsschema zum "wichtigen Grund" des § 626 Abs. 1 BGB Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit als wichtiger Grund Widerruf einer Urlaubsgenehmigung durch den Arbeitgeber Arbeitszeugnis als Holschuld

1. Das Vorliegen eines "wichtigen Grundes" i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB ist in zwei Stufen zu prüfen. Zunächst ist zu klären, ob ein wichtiger Grund "an sich" besteht. In der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls im Sinne des "Ultima Ratio-Prinzips" unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. 2. Bleibt der Arbeitnehmer unter Vorlage eines Attests der Arbeit fern und lässt sich vom Arbeitgeber Lohnfortzahlung gewähren, obwohl es sich in Wahrheit nur um eine vorgetäuschte Krankheit handelt, begeht der Arbeitnehmer in der Regel einen Betrug. Denn er veranlasst den Arbeitgeber unter Vortäuschung falscher Tatsachen, ihm unberechtigterweise Lohnfortzahlung zu gewähren. 3. Das BUrlG sieht einen Widerruf der Urlaubsgenehmigung durch den Arbeitgeber nicht vor. Ein solcher Widerruf ist daher nur zulässig, wenn dem Arbeitgeber durch den Urlaub des Arbeitnehmers außerordentlicher Schaden droht und dem Arbeitnehmer der Verzicht auf den Urlaub zum bewilligten Termin zumutbar ist.