BVerfG - Beschluss vom 09.07.2020
1 BvR 719/19, 1 BvR 720/19
Normen:
GG Art. 9 Abs. 3;
Vorinstanzen:
BAG, vom 20.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 1 AZR 12/17
BAG, vom 20.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 1 AZR 189/17
LAG Berlin-Brandenburg, vom 29.03.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 24 Sa 979/16

Rechtmäßigkeit gewerkschaftlicher Streikmaßnahmen auf einem Betriebsgelände

BVerfG, Beschluss vom 09.07.2020 - Aktenzeichen 1 BvR 719/19, 1 BvR 720/19

DRsp Nr. 2021/13452

Rechtmäßigkeit gewerkschaftlicher Streikmaßnahmen auf einem Betriebsgelände

1. Insbesondere in einer Situation, in der - wie hier - erstmals versucht wird, Arbeitnehmerinteressen tarifvertraglich zu sichern, befindet sich ein Arbeitgeber gegenüber einer tariffähigen Gewerkschaft in einer Position der strukturellen Überlegenheit.2. Die richterrechtlichen Regelungen zum Streikrecht sind als "gesetzliche" Gestattung im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB zu verstehen und dessen Wertungen auch auf die deliktischen Ansprüche zu übertragen.3. Die persönliche Ansprache von Arbeitswilligen vor Antritt der Arbeit - hier auf dem arbeitgebereigenen Firmenparkplatz - gehört jedenfalls dann zum Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG, wenn eine Streikmobilisierung direkt vor Arbeitsantritt der (noch) arbeitswilligen Arbeitnehmer notwendig und erforderlich ist, um dem Streikrecht überhaupt zur Durchsetzung zu verhelfen.4. Bei örtlichen Gegebenheiten, in denen kein öffentliches Gelände zur Verfügung steht, um das gewerkschaftliche Betätigungsrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG auszuüben, hat dieses nicht gänzlich zurückzustehen.

Tenor

Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.

Normenkette:

GG Art. 9 Abs. 3;

Gründe

I.