LAG Niedersachsen - Urteil vom 12.09.2018
14 Sa 140/18
Normen:
BGB § 242; BGB § 611a Abs. 1; BGB § 1004 Abs. 1 S. 1;
Fundstellen:
AuR 2020, 382
EzA-SD 2019, 12
LAGE ArbSchG § 16 Nr. 1
Vorinstanzen:
ArbG Göttingen, vom 14.12.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ca 155/17

Unbegründete Abmahnung einer Krankenpflegerin in einer psychiatrischen Fachklinik wegen leichtfertiger Gefahrenanzeige

LAG Niedersachsen, Urteil vom 12.09.2018 - Aktenzeichen 14 Sa 140/18

DRsp Nr. 2018/15411

Unbegründete Abmahnung einer Krankenpflegerin in einer psychiatrischen Fachklinik wegen leichtfertiger Gefahrenanzeige

Eine Pflichtverletzung kann vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer aus sachfremden Erwägungen heraus oder ohne im Ansatz verantwortungsvolle Prüfung geradezu leichtfertig eine Gefahr meldet, von der er annehmen musste, dass eine solche nicht vorlag.

1. Bei einer auf der Grundlage des § 16 ArbSchG abgegebenen Meldung kommt es nicht auf das objektive Vorliegen einer Gefährdungslage an, sondern darauf, ob die Arbeitnehmerin subjektiv berechtigterweise davon ausgehen kann und darf, dass eine Gefährdungslage vorliegt. 2. Beschleicht eine im psychiatrischen Bereich langjährig erfahrene Pflegekraft angesichts der Tatsache, auf einer für sie fremden Station ohne den Rückhalt einer weiteren examinierten Kraft nur mit zwei Auszubildenden tätig zu werden, ein gewisses Unbehagen ("Kribbeln im Bauch"), und füllt sie daraufhin während ihres Dienstes ein Formular "Gefährdungsanzeige zu Qualitätsmängeln (auch: Beschwerde gem. § 84 BetrVG)" aus, liegt darin kein vorwerfbarer Pflichtverstoß im Sinne einer aus sachfremden Erwägungen heraus oder ohne im Ansatz verantwortungsvolle Prüfung geradezu leichtfertig erteilten Gefahrenmeldung.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 14.12.2017 - - wird zurückgewiesen.