LAG Baden-Württemberg - Urteil vom 12.12.2005
4 Sa 44/05
Normen:
GVG § 186 ; ZPO § 138 Abs. 1 ; BetrVG § 102 Abs. 1 ; SGB IX § 85 ; MRK Art. 6 Abs. 1 ;
Vorinstanzen:
ArbG Heilbronn, vom 10.06.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ca 273/04

Unbegründete Anfechtung eines Prozessvergleichs unter Verlust der Sonderkündigungsrechte für Schwerbehinderte - faires Verfahren bei Beteiligung einer seh- und hörbehinderten Partei - Hinweispflicht der Partei auf Verständigungsprobleme

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.2005 - Aktenzeichen 4 Sa 44/05

DRsp Nr. 2006/1510

Unbegründete Anfechtung eines Prozessvergleichs unter Verlust der Sonderkündigungsrechte für Schwerbehinderte - faires Verfahren bei Beteiligung einer seh- und hörbehinderten Partei - Hinweispflicht der Partei auf Verständigungsprobleme

1. Dass ein schwer behinderter Arbeitnehmer einen Prozessvergleich abschließt, ohne sich über den damit verbundenen Verlust des Sonderkündigungsschutzes im Klaren zu sein, ist derart fern liegend, dass damit ein vernünftiger Arbeitgeber nicht rechnen muss.2. Bei einer seh- und hörbehinderten Partei hängt es von den Umständen wie etwa vom Grad der Seh- und Hörbehinderung, der Entfernung der sprechenden Person und der Stärke der Störgeräusche ab, ob und in welchem Umfang eine Verständigung möglich ist; von der seh- und hörbehinderten Partei ist daher zu verlangen, dass sie auf ihre Verständigungsprobleme hinweist.3. Beteiligt sich der Kläger an der Güteverhandlung durch eigene Beiträge und wird die Verhandlung zumindest zweimal zur Besprechung der Parteien unterbrochen und äußert der Kläger sich sodann in einer Art Schlusswort, er halte den Prozessvergleich nicht für gerecht, muss es sich dem erstinstanzlichen Vorsitzenden nicht aufdrängen, der Kläger benötige einen Kommunikationshelfer.

Normenkette:

GVG § 186 ; ZPO § 138 Abs. 1 ; BetrVG § 102 Abs. 1 ; SGB IX § 85 ; MRK Art. 6 Abs. 1 ;