LAG Mecklenburg-Vorpommern - Urteil vom 16.10.2007
5 Sa 66/07
Normen:
BGB § 615 § 626 Abs. 1 ; KSchG § 1 Abs. 2 ; EFZG § 2 ;
Vorinstanzen:
ArbG Schwerin, vom 18.12.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 22 Ca 226/06

Unwirksame außerordentliche Kündigung wegen Arbeitszeitbetruges bei einseitiger Einführung von Stundenkonten durch Arbeitgeberin - Berücksichtigung willkürlicher Abrechnungspraxis bei der Gesamtwürdigung

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16.10.2007 - Aktenzeichen 5 Sa 66/07

DRsp Nr. 2008/9634

Unwirksame außerordentliche Kündigung wegen Arbeitszeitbetruges bei einseitiger Einführung von Stundenkonten durch Arbeitgeberin - Berücksichtigung willkürlicher Abrechnungspraxis bei der Gesamtwürdigung

1. Auch wenn der Arbeitnehmer an einem Tag 35 Minuten zu viel an Arbeitszeit bescheinigt, gibt diese Vertragsverletzung keinen Anlass zur Kündigung, wenn die Arbeitgeberin nicht berechtigt ist, von ihr nicht abgeforderte Arbeitsstunden auf einem Stundenkonto nachzuhalten, um gegebenenfalls Nacharbeit im dort aufgezeichneten Umfang zu fordern.2. Das gilt unabhängig davon, ob das streitige Arbeitsverhältnis ein Vollzeit- oder ein Teilzeitarbeitsverhältnis ist, denn mit der Einführung eines Stundenkontos weicht die Arbeitgeberin von dem in § 615 BGB normierten gesetzlichen Leitbild ab, nach dem der vereinbarte Lohn auch dann vollständig zu bezahlen ist, wenn die Arbeit nur deshalb ausfällt, weil die Arbeitgeberin die Arbeitskraft des Arbeitnehmers nicht im vertraglich vorgesehenen Umfang abruft.3. Von § 615 BGB können die Arbeitsvertragsparteien nur einvernehmlich abweichen; hat die Arbeitgeberin das Stundenkonto einseitig und ohne Zustimmung des Arbeitnehmers eingeführt, fehlt es an dem notwendigen rechtsgeschäftlichen Einvernehmen zum Abweichen von § 615 BGB.