LAG Frankfurt/Main - Urteil vom 01.12.2006
12 Sa 737/06
Normen:
KSchG § 1 Abs. 2 ; EFZG § 5 Abs. 1 Satz 1 ;
Vorinstanzen:
ArbG Wiesbaden, vom 11.10.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ca 679/05

Unwirksame verhaltensbedingte Kündigung bei Verletzung der Anzeigepflicht im Falle krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit - Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers bei versäumter Anzeige einer Folgeerkrankung

LAG Frankfurt/Main, Urteil vom 01.12.2006 - Aktenzeichen 12 Sa 737/06

DRsp Nr. 2007/14294

Unwirksame verhaltensbedingte Kündigung bei Verletzung der Anzeigepflicht im Falle krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit - Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers bei versäumter Anzeige einer Folgeerkrankung

1. Hat der Arbeitnehmer insgesamt dreimal gegen seine Anzeigepflichten aus § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG und dem Arbeitsvertrag verstoßen und hat die Arbeitgeberin dieses Verhalten zweimal abgemahnt, bevor sie den dritten Vorfall zum Anlass des Kündigungsausspruchs nimmt, liegt damit ein Sachverhalt vor, der grundsätzlich geeignet ist, eine verhaltensbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen.2. Steht jedoch die letzte Verletzung der Anzeigepflicht, die unmittelbar zur Kündigung geführt hat, nicht im Zusammenhang mit der Ersterkrankung sondern einer fortdauernden Erkrankung, beeinträchtigt dies die mit der Anzeigeverpflichtung geschützte Dispositionsfähigkeit der Arbeitgeberin nicht in derselben schwerwiegenden Weise wie bei einer Ersterkrankung; daher ist es gerechtfertigt, diese Vertragsverletzung als viel weniger gravierend zu bewerten als die Anzeigepflichtverletzung bei Ersterkrankung, was unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls dazu führt, dass sich die Kündigung angesichts der zu berücksichtigenden Interessen des Arbeitnehmers als unverhältnismäßig erweist.

Normenkette:

KSchG § 1 Abs. 2 ; EFZG § 5 Abs. 1 Satz 1 ;

Tatbestand: