LSG Bayern - Urteil vom 22.06.2017
L 10 AL 74/16
Normen:
SGB III § 152 Abs. 2; SGB III § 28a;
Vorinstanzen:
SG Augsburg, vom 04.03.2016 - Vorinstanzaktenzeichen S 7 AL 228/15

Verfassungsmäßigkeit der fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes nach Qualifikationsgruppen für Selbständige

LSG Bayern, Urteil vom 22.06.2017 - Aktenzeichen L 10 AL 74/16

DRsp Nr. 2017/9184

Verfassungsmäßigkeit der fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes nach Qualifikationsgruppen für Selbständige

Die Zugrundelegung eines fiktiven Bemessungsentgelts unter Berücksichtigung der Qualifikationsgruppen des § 152 Abs. 2 SGB III bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes bei Selbständigen verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Die für die Zeiträume der freiwilligen Weiterversicherung nach § 28a SGB III pauschal geleisteten Beiträge sind dabei unerheblich.

1. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, so dass eine Verletzung dieses Grundsatzes jedenfalls dann gegeben ist, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder ein sonst sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. 2. In der Sozialversicherung ist dabei einerseits die hohe Bedeutung ihrer Funktionsfähigkeit sowie ihrer finanziellen Stabilität für das gemeine Wohl und andererseits die diesbezüglich gegebene weitgehende sozialpolitische Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zu beachten. 3. Für alle Arbeitslose, die keine ausreichenden Bemessungszeiträume mit Arbeitsentgelt im Bemessungsrahmen haben, ist eine fiktive Bemessung über § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB III vorzunehmen, die als solche mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.