LAG Köln - Urteil vom 01.12.2022
6 Sa 583/22
Normen:
ZPO § 138; BGB § 314 Abs. 2 S. 3; BGB § 626 Abs. 1;
Vorinstanzen:
ArbG Köln, vom 30.06.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 12 Ca 460/22

Wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGBDarlegungslast nach Erschütterung des Beweiswerts einer ArbeitsunfähigkeitsbescheinigungEntbehrlichkeit einer Abmahnung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung

LAG Köln, Urteil vom 01.12.2022 - Aktenzeichen 6 Sa 583/22

DRsp Nr. 2023/11193

Wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB Darlegungslast nach Erschütterung des Beweiswerts einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Entbehrlichkeit einer Abmahnung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung

Ist der Beweiswert von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschüttert, so genügt der Arbeitnehmer seiner Obliegenheit zu wahrheitsgemäßem und vollständigem Vortrag aus § 138 Abs. 1 ZPO nicht bereits durch die bloße Entbindung seiner Ärzte von der Schweigepflicht. Zur Vollständigkeit im Sinne der Vorschrift gehört, dass der Arbeitnehmer zumindest laienhaft die Beschwerden beschreibt, die ihn von der Erbringung seiner Arbeitsleistung abgehalten haben. Die Wiedergabe der Definitionen aus den ICD-10 Codes (z.B. "Somnolenz" oder "Neuralgie und/oder Neuritis an einer nicht näher bezeichneten Lokalisation") ist nicht ausreichend.

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit kann einen wichtigen Grund darstellen.