LAG Thüringen - Urteil vom 29.06.2022
4 Sa 212/21
Normen:
BGB § 626;
Vorinstanzen:
ArbG Nordhausen, vom 29.06.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Ca 1153/19

Wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGBUmfassende Interessenabwägung bei einer fristlosen KündigungErforderlichkeit einer Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung

LAG Thüringen, Urteil vom 29.06.2022 - Aktenzeichen 4 Sa 212/21

DRsp Nr. 2022/11633

Wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB Umfassende Interessenabwägung bei einer fristlosen Kündigung Erforderlichkeit einer Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung

Einzelfall einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung wegen grober Beleidigungen des Vertretungsorgans der Arbeitgeberin und von Kolleg*innen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Klägerin aufgrund vorheriger menschenunwürdiger Arbeitsbedingungen (verschimmelter Kellerraum, 11 Grad Celsius, Mäuse, Mäusekot) der Blick für die Bedeutung ihrer Äußerungen verstellt gewesen sein könnte. Deshalb war hier eine Abmahnung nicht von vornherein aussichtslos und daher nicht entbehrlich.

1. Bei einer fristlosen Kündigung ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich", d. h. typischerweise, als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der Umstände des Falles jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht.