OLG Stuttgart - Urteil vom 14.03.2002
16 UF 458/01
Normen:
BGB § 1578 Abs. 1 S. 4 § 1609 Abs. 2 § 1610 § 1612b Abs. 4, 5 ;
Fundstellen:
OLGReport-Stuttgart 2003, 338
Vorinstanzen:
AG Stuttgart-Canstatt, - Vorinstanzaktenzeichen 5 F 594/00

Untergrenze des Unterhaltsbedarfs; Heranziehung des Kindergeldes zur Bedarfsdeckung

OLG Stuttgart, Urteil vom 14.03.2002 - Aktenzeichen 16 UF 458/01

DRsp Nr. 2004/19903

Untergrenze des Unterhaltsbedarfs; Heranziehung des Kindergeldes zur Bedarfsdeckung

»1. Das sozialhilferechtliche Existenzminimum eines (geschiedenen) Ehegatten bildet die Untergrenze des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Die Auffassung, der privatrechtliche, "angemessene" Unterhaltsbedarf könne das Existenzminimum unterschreiten (so noch BGH FamRZ 1997, 806), widerspricht dem Regelungsgehalt des § 1578 Abs. 1 S. 4 BGB, der vom Gesetzgeber neuerdings besonders betonten wechselseitigen Verantwortung der Ehegatten (§ 1353 BGB i.d.F. gem. Art. 1 Nr. 3 EheschlRG) sowie dem geänderten Verständnis des verfassungsrechtlichen Schutzes des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten vor einem sozialen Abstieg als Folge der in der Ehe praktizierten Arbeitsteilung (vgl. BVerfG FamRZ 2002, 527). 2. Aus § 1612b Abs. 5 BGB n.F. ergibt sich die Wertentscheidung des Gesetzgebers, dass die sozialhilferechtlichen Maßstäbe für die Festlegung des Existenzminimums eines Kindes auf das private Unterhaltsrecht übertragbar sind. Der Mindestbedarf eines minderjährigen Kindes ist folglich seit 1.1.2001 mit 135Prozent des Regelbetrages der jeweiligen Altersgruppe anzunehmen (gegen BGHZ 150, 12). Abweichungen nach unten können sich nur aus geminderter Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen rechtfertigen.