2.8 Maßgeblichkeit der bestands- oder rechtskräftigen Ahndung

Autor: Koehl

Nach § 4 Abs. 5 Satz 4 StVG ist die Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen der Sanktionsstufen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1-3 StVG an rechtskräftige Entscheidungen über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Eine Überprüfung der eingetragenen und mit Punkten bewerteten Verstöße bzw. Entscheidungen findet deshalb nicht statt (VG Neustadt, DAR 2011, 45). Ein Bußgeldbescheid gegen eine Person, die den Verstoß tatsächlich nicht begangen hat, ist nicht nichtig, sondern es besteht nur nach § 85 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 359 Nr. 5 StPO ein Wiederaufnahmegrund (OVG Hamburg, NJW 2007, 1225). Ein Betroffener muss einen rechtskräftigen Bußgeldbescheid so lange gegen sich gelten lassen, als die Rechtskraft dieser Entscheidung besteht (OVG Lüneburg, SVR 2010, 195). Aus Gründen materieller Einzelfallgerechtigkeit darf hiervon allenfalls dann abgewichen werden, wenn die im Straf- oder Bußgeldverfahren zulasten des Betroffenen ergangene Entscheidung evident unrichtig ist (VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 15.09.2015 - 7 L 1773/15). Nach a.A. ist die Bindung an einen evident unrichtigen Bußgeldbescheid verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.05.2015 - OVG 1 S 71.14). Tatsachen, die sich aus eingestellten Bußgeldverfahren ergeben, sind zu Lasten des Betroffenen nur dann verwertbar, wenn trotz der Einstellung zweifelsfreie Ergebnisse vorliegen, der Sachverhalt also ausermittelt wurde (OVG Bremen, VRS 56, 394).