OLG München - Endurteil vom 11.03.2020
10 U 2150/18
Normen:
StVG § 7 Abs. 1; VVG § 103;
Fundstellen:
NJW-RR 2020, 921
NZV 2020, 592
Vorinstanzen:
LG München I, vom 17.05.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 19 O 24068/15

Eintrittspflicht des Kfz-Haftpflichtversicherers bei vorsätzlicher Herbeiführung eines Schadensereignisses in suizidaler Absicht

OLG München, Endurteil vom 11.03.2020 - Aktenzeichen 10 U 2150/18

DRsp Nr. 2020/6713

Eintrittspflicht des Kfz-Haftpflichtversicherers bei vorsätzlicher Herbeiführung eines Schadensereignisses in suizidaler Absicht

1. Gem. § 103 VVG haftet der Kfz-Haftpflichtversicherer nicht, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich den Eintritt eines schädigenden Ereignisses widerrechtlich herbei geführt hat. Dabei handelt es sich nicht um eine Obliegenheitsverletzung, die den Versicherer nachträglich von seiner Verpflichtung zur Leistung befreit, sondern um einen subjektiven Risikoausschluss. Die hierdurch begründete Haftungsbegrenzung wirkt auch gegenüber dem geschädigten Dritten. 2. In Abweichung vom allgemeinen Deliktsrecht muss der Vorsatz, wenn er zum Ausschluss des Versicherungsschutzes führen soll, auch die Schadensfolgen umfassen. 3. Ein Versicherungsnehmer, der sich in Selbsttötungsabsicht mit seinem Pkw einem mit hoher Geschwindigkeit herannahenden ICE-Zug entgegenstellt, um sich von diesem überfahren zu lassen, handelt hinsichtlich der Schäden an dem Zug und der daraus resultierenden Folgeschäden vorsätzlich, wenn er trotz seiner psychischen Ausnahmesituation nach seinem Bildungsstand und seinen Kenntnissen von den Folgen eines derartigen Selbstmordes damit rechnen muss, dass solche Schadensfolgen zwangsläufig eintreten.

Tenor

1. 2. 3. 4.