BGH, vom 09.12.1992 - Vorinstanzaktenzeichen VIII ZB 30/92
Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Verzögerung der Briefbeförderung infolge eines Poststreiks
BVerfG, vom 29.12.1994 - Aktenzeichen 2 BvR 106/93
DRsp Nr. 1996/3831
Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Verzögerung der Briefbeförderung infolge eines Poststreiks
1. Wählt ein Bürger in einer Situation, in der er ausnahmsweise nicht auf die Einhaltung normaler Postlaufzeiten vertrauen durfte, für die Beförderung eines fristgebundenen Schriftstücks gleichwohl den Postweg, obwohl sichere Übermittlungswege (Einwurf in den Gerichtsbriefkasten am Ort, Benutzung eines - auch in den Räumen der Post angebotenen - Telefaxgeräts) zumutbar sind, so ist es von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Gerichte dies als ein die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließendes Verschulden werten.2. Ist allerdings in einer solchen Situation nicht von vornherein bekannt, ob und für wie lange sich die konkrete Gefahr von Verzögerungen verwirklichen wird, muß der Postkunde nicht immer einen anderen Übermittlungsweg einschlagen. Er kann die Sendung zunächst auf den Postweg geben. Er ist aber dann - und nur dann - regelmäßig gehalten, das ihm im Zeitpunkt des Briefeinwurfs bekannte Risiko durch eine Nachfrage nach dem Eingang der Sendung bei Gericht aufzufangen.