22.3 Voraussetzungen eines Anspruchs auf den Ausgleich von Kapitalzahlungen

Autor: Götsche

22.3.1 Geltungsbereich des § 22 VersAusglG

§ 22 VersAusglG gilt nur für schuldrechtlich auszugleichende Anrechte. Der Anwendungsbereich eines Ausgleichs nach der Scheidung muss eröffnet sein (noch nicht ausgeglichen; siehe Teil 20.3). Ist das Anrecht im Wertausgleich bei der Scheidung auszugleichen, scheidet ein Anspruch nach § 22 VersAusglG aus (zur Problematik der Umwandlung von Rentenanrechten in Kapitalanrechte und umgekehrt siehe noch Teil 1.3.4.2). Eine Analogie zu § 22 VersAusglG ist für solche Fälle abzulehnen (KG, FamRZ 2012, 375; Götsche, FuR 2013, 72, 73 m.N. auch zur Gegenansicht; vgl. außerdem die Ausführungen bei Kemper/Norpoth, FamRB 2012, 284, 286 für verpfändete Anrechte). Bei der Kapitalabfindung (auch aufgrund einer Kündigung) eines dem Wertausgleich bei der Scheidung unterfallenden Anrechts findet der in § 22 VersAusglG vorgesehene Anspruch auf Ausgleich von Kapitalzahlungen daher keine Anwendung (OLG Frankfurt v. 22.04.2013 - 5 UF 8/13; OLG Hamm, FamRZ 2013, 303; Götsche, FuR 2013, 71, 73).

Wurde ein Anrecht dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten, spielt es für die Anwendung des § 22 VersAusglG allerdings keine Rolle, ob dies unrechtmäßig erfolgt ist. Auch ein fehlerhaft dem schuldrechtlichen VA vorbehaltenes Anrecht unterfällt dem Ausgleich nach der Scheidung (vgl. BGH, Beschl. v. 30.11.2016 - XII ZB 167/15, FamRZ 2017, 197) und kann bei Kapitalisierung nach § 22 VersAusglG ausgeglichen werden.