LSG Schleswig-Holstein - Urteil vom 10.12.2014
L 1 R 158/11
Normen:
SGB VI § 106; SGB VI § 106a; SGB X § 48 Abs. 1 S. 2; SGB X § 24 Abs. 1; SGB X § 33 Abs. 1; SGB I § 60 Abs. 1 Nr. 2; SGB XII § 18 Abs. 1;
Vorinstanzen:
SG Kiel, vom 10.08.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 1 R 331/09

Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wegen überzahlter Zuschüsse zur freiwilligen Kranken- und PflegeversicherungBestimmtheitsanforderungen an einen Verwaltungsakt mit DauerwirkungFolgen der Verletzung der MitteilungspflichtAtypischer Fall bei nachträglich eintretender Sozialhilfebedürftigkeit

LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.12.2014 - Aktenzeichen L 1 R 158/11

DRsp Nr. 2015/3582

Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wegen überzahlter Zuschüsse zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung Bestimmtheitsanforderungen an einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung Folgen der Verletzung der Mitteilungspflicht Atypischer Fall bei nachträglich eintretender Sozialhilfebedürftigkeit

1. Die Bestimmtheitsanforderungen sind gewahrt, wenn die mit dem Verwaltungsakt getroffene Regelung die verfügte Rechtsfolge vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist. 2. Auch ein sehbehinderter Mensch muss grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass der an ihn gerichtete Schriftverkehr ihn inhaltlich erreicht. 3. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X statuiert ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Der Regelfall ist die Aufhebung ab Eintritt der Änderung der Verhältnisse, während die Aufhebung (nur) für die Zukunft lediglich in einer besonderen Ausnahmesituation in Betracht kommen soll und nur in diesem Fall nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen ist, ob von der Rücknahme für die Vergangenheit ganz oder teilweise abzusehen ist. 4. Deshalb ist in den Fällen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X neben den Tatbestandsvoraussetzungen auch zu prüfen, ob ein solchermaßen atypischer Fall vorliegt, der in Bezug auf die Sondersituation eine Ermessensentscheidung gebietet; das Vorliegen eines atypischen Falls ist durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit voll überprüfbar.