LAG Thüringen - Urteil vom 06.12.2022
1 Sa 300/21
Normen:
BGB § 305c Abs. 2; BGB § 307 Abs. 2; BGB § 622 Abs. 3; KSchG § 1 Abs. 1; Arbeitsvertrag v. 01.09.2020 § 1 Abs. 2; Arbeitsvertrag v. 01.09.2020 § 12 Abs. 2;
Vorinstanzen:
ArbG Suhl, vom 19.10.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ca 317/21

Auslegung des Arbeitsvertrags bei nicht eindeutiger Regelung der KündigungsfristenAuslegung Allgemeiner GeschäftsbedingungenAnwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB bei zwei rechtlich vertretbaren Auslegungsergebnissen

LAG Thüringen, Urteil vom 06.12.2022 - Aktenzeichen 1 Sa 300/21

DRsp Nr. 2023/1154

Auslegung des Arbeitsvertrags bei nicht eindeutiger Regelung der Kündigungsfristen Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB bei zwei rechtlich vertretbaren Auslegungsergebnissen

1. Wird in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer Klausel eine Probezeit und in einer anderen Klausel eine Kündigungsfrist festgelegt, ohne dass unmissverständlich deutlich wird, dass diese ausdrücklich genannte Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll, ist dies von einem durchschnittlichen Arbeitnehmer regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon von Beginn des Arbeitsverhältnisses an nur mit dieser Kündigungsfrist, nicht aber mit der zweiwöchigen Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB kündigen kann (BAG 23.03.2017 - 6 AZR 705/15). 2. Sofern zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar sind, kommt die sich zu Lasten des Klauselverwenders auswirkende Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. Dies gilt auch dann, wenn die Vertragsgestaltung uneindeutig ist und beide Auslegungsergebnisse denkbar sind und interessengerecht erscheinen.