BAG - Urteil vom 18.06.2015
2 AZR 256/14
Normen:
GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 2; GG Art. 103 Abs. 1; BetrVG § 102; BGB § 241 Abs. 2; KSchG § 1 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 2; ZPO § 286;
Fundstellen:
AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 74
AUR 2016, 125
BB 2016, 435
NJW 2016, 1901
Vorinstanzen:
LAG Bremen, vom 15.01.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Sa 66/12
ArbG Bremen-Bremerhaven, vom 19.01.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 7 Ca 7039/11

Wirksamkeit einer VerdachtskündigungZulässigkeit des Nachschiebens später bekannt gewordener Tatsachen

BAG, Urteil vom 18.06.2015 - Aktenzeichen 2 AZR 256/14

DRsp Nr. 2016/2409

Wirksamkeit einer Verdachtskündigung Zulässigkeit des Nachschiebens später bekannt gewordener Tatsachen

Orientierungssätze des Gerichts: 1. Im Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung sind nicht nur die dem Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt bekannten tatsächlichen Umstände von Bedeutung. Auch später bekannt gewordene Tatsachen, die den ursprünglichen Verdacht abschwächen oder verstärken, können jedenfalls dann berücksichtigt werden, wenn sie bei Kündigungszugang objektiv vorlagen. Das gilt auch für solche Umstände, die den Verdacht eines eigenständigen - neuen - Kündigungsvorwurfs begründen. 2. Im Anwendungsbereich von § 102 BetrVG ist ein Nachschieben von Kündigungsgründen, die dem Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung zwar bereits bekannt waren, von denen er dem Betriebsrat aber keine Mitteilung gemacht hat, grundsätzlich unzulässig. Dagegen können Kündigungsgründe, die erst nachträglich bekannt geworden sind, bei Kündigungsausspruch aber bereits vorlagen, nachgeschoben werden, wenn der Betriebsrat - in analoger Anwendung von § 102BetrVG - zu ihnen angehört worden ist. Das gilt unabhängig davon, ob zwischen dem ursprünglich angeführten und dem nachgeschobenen - neuen - Kündigungsgrund ein sachlicher und/oder zeitlicher Zusammenhang besteht.