§§ 133, 157, 241 Abs. 2, 242, 311 Abs. 2 BGB; § 2 Abs. 5, 6, § 6 Abs. 6 VOB/B

Bei offensichtlich falschen Vergabe- und Vertragsunterlagen ohne Hinweis kein Nachtrag

OLG Celle, Urt. v. 02.10.2019 - 14 U 171/18

IBR 2019, 601

I. Das Urteil nimmt Stellung zu der Frage,

was für die Auslegung einer auf einem Vergabeverfahren der VOB/A beruhenden Leistungsbeschreibung maßgeblich ist und wann der Auftragnehmer eine Prüfungs- und Hinweispflicht hat.

II. Das Urteil hat folgende Leitsätze:

1. Beruht der Vertragsschluss auf einem Vergabeverfahren der VOB/A, ist die Ausschreibung mit dem Inhalt der Auslegung zugrunde zu legen, wie ihn der Empfängerkreis verstehen muss. Grundlage der Auslegung ist der objektive Empfängerhorizont dieser potentiellen Bieter.

2. Neben dem Wortlaut der Ausschreibung sind die Umstände des Einzelfalls, u.a. die konkreten Verhältnisse des Bauwerks zu berücksichtigen, zudem Verkehrssitte sowie Treu und Glauben.

3. Ob die ausschreibende Stelle ein bestimmtes Problem möglicherweise nicht gesehen hat, kann die Auslegung des Vertrags nicht beeinflussen; maßgeblich ist die objektive Sicht der potentiellen Bieter und nicht das subjektive Verständnis des Auftraggebers von seiner Ausschreibung.

4. Ein Bauvertrag ist zudem als sinnvolles Ganzes auszulegen. Es ist davon auszugehen, dass der Anbieter eine Leistung widerspruchsfrei anbieten will.