7/6.2 Erbschaftsteuer bei Vor- und Nacherbfolge

Autor: Schönenberg-Wessel

Vorerbe = Vollerbe

Soweit der bzw. die Erblasser von dem Rechtsinstitut der Vor- und Nacherbfolge (§§ 2100 ff. BGB) Gebrauch gemacht haben, hat dies unmittelbare steuerliche Folgen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers wird der Vorerbe wie ein Vollerbe (§§ 2100, 1922 Abs. 1 BGB) behandelt, obwohl er nur Erbe auf Zeit ist und der Nachlass nach Eintritt einer Bedingung oder Befristung unmittelbar an den Nacherben fällt. Während der Vorerbschaft ist der Vorerbe Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers.

Erbschaftsteuerlich gilt sowohl der Erwerb des Vorerben als auch der des Nacherben als Erbanfall i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Damit wird steuerlich auch der Tatsache Rechnung getragen, dass der Erblasser die rechtliche Stellung des Vorerben als zeitlich beschränktem Erben weitgehend einschränken oder erweitern kann und dieser sich insoweit zwischen einer wirtschaftlichen, dem Nießbrauch vergleichbaren Stellung und der dem Volleigentum angenäherten Anordnung bewegt (Weinmann, in: Moench/Weinmann, ErbStG, § 3 Rdnr. 4 (04/2021); Milatz, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 3. Aufl. 2019, § 6 ErbStG Rdnr. 2). Die Verfügungsbeschränkungen des Vorerben bleiben nach § 9 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 BewG bei der Bewertung außer Betracht (FG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2016 - 4 K 2949/14 Erb, EFG 2017, 138 zum Vorvermächtnis; Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 17. Aufl. 2018, § 6 Rdnr. 5).

Entlastung des Vorerben