9/4.5 Vorbehalt des Ordre public (Art. 6 EGBGB)

Autoren: Grziwotz/Maulbetsch

Verstoß gegen Grundsätze des deutschen Rechts

Die Rechtsnormen eines anderen Staates sind aufgrund der Vorbehaltsklausel des Art. 6 EGBGB für Erbfälle bis 17.08.2015 nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung mit den wesentlichen - vor allem den Grundrechten - offensichtlich ist. Beispiele sind gleichheitswidrige Beschränkungen aufgrund Rasse, Religion, sexueller Orientierung oder Geschlecht bei der gesetzlichen Erbfolge. In der Praxis betrifft dies vor allem die Diskriminierung weiblicher Nachkommen in der gesetzlichen Erbfolge und die Zurückstellung von Ehefrauen beim Ehegattenerbrecht (zuletzt OLG Frankfurt/Main, ZEV 2011, zu Ägypten sowie OLG München, ZEV 2012, und OLG Hamburg, FamRZ 2015, zum iranischen Ehegattenerbrecht). Die Nichtanwendung der ausländischen Rechtsnorm führt zu einer Regelungslücke. Diese ist nach den Regeln des ausländischen Rechts, ersatzweise nach dem deutschen Sachrecht zu füllen.