BayObLG - Beschluß vom 18.03.1996
1Z BR 67/95
Normen:
BGB § 2229 Abs. 4, § 2255 ; FGG § 12 ;
Fundstellen:
ErbPrax 1996, 234
FamRZ 1996, 1110
ZEV 1996, 272
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth,
AG Nürnberg,

Widerruf eines Testaments durch Einreißen

BayObLG, Beschluß vom 18.03.1996 - Aktenzeichen 1Z BR 67/95

DRsp Nr. 1996/20572

Widerruf eines Testaments durch Einreißen

»1. Eine Widerrufshandlung im Sinn von § 2255 Satz 1 BGB ist gegeben, wenn die als einheitliche Urkunde bestehengebliebene Testamentsurkunde in gefaltetem Zustand tiefe, von zwei Seiten vorgenommene Einrisse aufweist. 2. Gemäß § 2255 Satz 2 BGB wird nicht vermutet, daß der eingerissene Zustand einer Testamentsurkunde auf eine Handlung des Erblassers zurückzuführen ist. Zur Frage der Testierfähigkeit in einem solchen Fall. 3. Die Anforderungen, die an Umfang und Intensität der tatrichterlichen Ermittlungspflicht (§ 12 FGG) zu stellen sind, werden in erster Linie durch die jeweiligen Umstände des Einzelfalls bestimmt und lassen sich in nur sehr eingeschränktem Maße generell-abstrakt bestimmen.«

Normenkette:

BGB § 2229 Abs. 4, § 2255 ; FGG § 12 ;

Gründe:

I. Die ledige und kinderlose Erblasserin ist im Jahr 1992 verstorben. Zu ihrem Nachlaß gehören mehrere Grundstücke sowie Wertpapiere und Sparguthaben.

Das Nachlaßgericht hat zwei handschriftliche, von der Erblasserin eigenhändig unterschriebene Testamente eröffnet:

In einem Testament vom 26.3.1975, das sich in einem verschlossenen Briefumschlag mit der Aufschrift "Testament !" befand, hat die Erblasserin den Beteiligten zu 4, einen ihrer Vettern, als Alleinerben eingesetzt.